Irren ist menschlich und so kann es durchaus vorkommen, dass einem Arbeitgeber bei der Berechnung des Nettolohns ein Fehler unterläuft und dem Arbeitnehmer ungewollt zu viel ausbezahlt wird. Nicht selbstverständlich ist aber, dass jede Überzahlung auch wieder zurück verlangt werden kann.
Auszugehen ist von der Grundregel, dass irrtümlich erfolgte Zahlung zurückgefordert werden können.
Hat der Arbeitnehmer diese Überzahlung aber bereits verbraucht und das in dem Glauben daran, dass ihm dieses Geld auch zusteht, sind Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers wiederum ausgeschlossen. Im Sinne der Judikatur darf ein Arbeitnehmer in erster Linie auch darauf vertrauen, dass er sich das vom Arbeitgeber ausbezahlte Entgelt tatsächlich „verdient“ hat.
Nur wenn besondere Umstände eintreten, die bei objektiver Betrachtung beim Arbeitnehmer Zweifel darüber aufkommen lassen müssten, ob er dieses Geld behalten darf, ist ein gutgläubiger Verbrauch nicht mehr möglich.
Erst kürzlich hatte der Oberste Gerichtshof wieder darüber zu entscheiden, ob eine Arbeitnehmerin ein über 15 Monate wesentlich überhöht ausbezahltes Entgelt gutgläubig verbrauchen durfte oder nicht (OGH 27.4.2016, 9 ObA 9/16f).
Es handelte sich dabei um eine Hausbesorgerin eines Gebäudes, bei dem sich nach einem Eigentümerwechsel auch die sie anstellende Hausverwaltung änderte. Damit änderte sich auch die zuständige Lohnverrechnung. Mit der ersten monatlichen Lohnzahlung nach dem Arbeitgeberwechsel erhielt die Hausbesorgerin um ca. € 830,00 bis € 850,00 mehr ausbezahlt und ließ das berechtigte Zweifel bei ihr aufkommen.
Diese Lohnzahlungen erfolgten insgesamt über einen Zeitraum von 15 Monaten. Die Hausbesorgerin kontaktierte in diesem Zeitraum insgesamt dreimal die zuständige Hausverwaltung, um sich zu erkundigen, ob die Abrechnung richtig sei und ihr tatsächlich so viel Lohn zustünde. Alle drei Mal wurde ihr mitgeteilt, dass alles seine Ordnung habe und der Nettolohn richtig berechnet wurde. Da sich zugleich auch der Arbeitsumfang etwas erhöhte, nahm die Hausbesorgerin schließlich diese „Lohnerhöhung“ dankend an.
Im nachfolgenden Verfahren, in dem die Hausverwaltung versuchte, die Überzahlungen der letzten 15 Monate wieder zurückzuerlangen, stellte der OGH das Urteil der ersten Instanz wieder her und wies die Klage der Hausverwaltung ab.
Dies wurde damit begründet, dass es grundsätzlich schon richtig sei, dass bei einer entsprechend hohen Überzahlung, wie im vorliegenden Fall, die Arbeitnehmerin Zweifel an der Richtigkeit haben musste und ein gutgläubiger Verbrauch grundsätzlich nicht möglich wäre. Da sich die Arbeitnehmerin aber insgesamt dreimal an ihren Arbeitgeber wandte und die hohen Auszahlungsbeträge ansprach, ihr aber jedes Mal dessen Richtigkeit bestätigt wurde, durfte sie schließlich, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wechsel des Arbeitgebers, darauf vertrauen, dass es sich bei der Steigerung des Einkommens um kein Versehen handelte. Ein gutgläubiger Verbrauch war daher durchaus berechtigt.