Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt gegenüber seinen Eltern orientiert sich im Wesentlichen an zwei Gesichtspunkten: den Lebensverhältnissen der Eltern einerseits und den Bedürfnissen des Kindes andererseits. Dieser zweite Gesichtspunkt führt dazu, dass eigene Einkünfte des Kindes den Unterhaltsanspruch mindern und der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit den Unterhaltsanspruch zur Gänze entfallen lässt. Das Kind hat in diesen Fällen ein geringeres oder eben gar kein Bedürfnis an Unterhalt.
Als „eigene Einkünfte“ des Kindes gelten dabei alle Geld- und Sachleistungen, die das nicht selbsterhaltungsfähige Kind aufgrund eines entsprechenden Anspruchs erhält. Von besonderer Bedeutung ist dabei naturgemäß ein allfälliges Arbeitseinkommen des Kindes, wozu auch die Lehrlingsentschädigung zählt. Berufsbedingter Mehraufwand (zB Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz, für Arbeitsbekleidung oder für die Berufsschule) ist jedoch vom Arbeitseinkommen abzuziehen.
Die genaue Berechnung, inwieweit die eigenen Einkünfte des Kindes seinen Unterhaltsbedarf mindern, ist relativ kompliziert und muss für jeden Einzelfall durch Heranziehung entsprechender Formeln und unter Berücksichtigung der konkreten Lebensverhältnisse der Eltern (als zweiter relevanter Gesichtspunkt) erfolgen.
Interessant ist noch, dass sich der Oberste Gerichtshof erst vor Kurzem erstmals mit der Frage zu beschäftigen hatte, welche Bedeutung der Zeitpunkt der Auszahlung der Lehrlingsentschädigung für die Berechnung des konkreten Unterhaltsanspruchs hat (OGH 13.04.2016, 10 Ob 30/15g):
In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte das unterhaltsberechtigte Kind am Ersten eines Monats erstmals eine Lehrstelle angetreten, die erstmalige Auszahlung der Lehrlingsentschädigung erfolgte jedoch erst am Monatsende im Nachhinein. Der OGH gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass die Lehrlingsentschädigung erst im Folgemonat unterhaltsmindernd zu berücksichtigen ist. Begründet wurde diese Auffassung damit, dass im Unterhaltsrecht die tatsächliche Verfügbarkeit relevanter Mittel im Vordergrund steht und der Unterhaltsberechtigte nie unter einer mangelnden Bedürfnisdeckung leiden soll. Unterstützend wurde noch angeführt, dass in einer bereits früher ergangenen Entscheidung zum Unterhaltsvorschussrecht (OGH 30.09.2014, 10 Ob 23/14a) gleichlautend judiziert wurde. Die nunmehrige Entscheidung führt damit zu einem sinnvollen Gleichklang zwischen Unterhaltsrecht und Unterhaltsvorschussrecht.