Nach dem Gesetz gilt die gemeinsame Obsorge – auch bei getrennt lebenden Eltern – als Regelfall. Ist jedoch ein Elternteil mit der alleinigen Obsorge für das gemeinsame Kind betraut, kommen dem anderen Elternteil Informations- und Äußerungsrechte zu, die ihm – so die Intention des Gesetzgebers – die Ausübung seiner Verantwortung gegenüber dem Kind ermöglichen sollen. Nach dem Schrifttum soll das Informationsrecht gewährleisten, dass sich der nicht mit der Obsorge betraute Elternteil vom Wohlergehen des Kindes überzeugen und am Heranwachsen des Kindes teilnehmen kann. Das Äußerungsrecht soll im Übrigen dazu dienen, dass sich dieser Elternteil auch in die Obsorge miteinbringen kann.
Diese gesetzliche Bestimmung ist ihrem Wortlaut und ihrer Zielsetzung nach eindeutig, doch was passiert, wenn die dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil eingeräumten Rechte verhindert werden und sich die Regelung selbst in der Folge als zahnlos erweist?
Das Recht auf persönlichen Verkehr zwischen dem nicht mit der Erziehung betrauten Elternteil und dem Kind soll nicht zuletzt psychologischen und soziologischen Erkenntnissen Rechnung tragen, wonach die Aufrechterhaltung ausreichender persönlicher Kontakte zwischen dem Kind und jenem Elternteil, bei dem es nicht lebt, für die weitere Entwicklung des Kindes von besonderer Bedeutung ist. Dieses Recht wird primär als Recht des Kindes verstanden, woraus eine verstärkte Verpflichtung des betreuenden Elternteils diesen Kontakt auch zu fördern, abgeleitet wird. Zur Gewährleistung des gerade für die Persönlichkeits- und Charakterbildung wichtigen Kontakts zum nicht mit der Obsorge betrauten Elternteil, soll sich dieser jene Informationen verschaffen können, die zur Ausübung seiner elterlichen Pflichten und Wahrung seiner elterlichen Verantwortung erforderlich sind.
Bei beharrlicher Verletzung der Informationspflichten des mit der Obsorge betrauten Elternteils, kommt zumeist das Gericht ins Spiel, das Gegenmaßnahmen zu setzen hat. In einem ersten Schritt sind entsprechende Aufträge an den betreuenden Elternteil zu erteilen. Scheitern diese, kann das Gericht den nicht betreuenden Elternteil dazu ermächtigen, sich ohne Zustimmung des anderen etwa bei Lehrern oder behandelnden Ärzten selbst zu informieren. Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn der Obsorgeberechtigte es grundsätzlich ablehnt, konkrete Auskünfte und Erkenntnisse an den anderen Elternteil weiterzuleiten und diese unüberwindbaren Kommunikationsstörungen zwischen den Eltern zu einer fehlenden Information des Informationsberechtigten führen müssen. Von der Möglichkeit sich Informationen über Dritte zu beschaffen, soll nur in absoluten Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden, da es bei den um Auskunft ersuchten Personen zu Zweifeln über die Obsorgekompetenz und -berechtigung kommen und auf diese Weise auch der Konflikt zwischen den Eltern öffentlich gemacht werden könnte.
Der OGH (4 Ob 104/15w) hat sich dieser – zur nunmehrigen Rechtslage im Schrifttum bereits gefestigten – Auffassung angeschlossen und festgehalten, dass sich die Informationsrechte des nicht mit der Erziehung betrauten Elternteils in erster Linie gegen den Obsorgeberechtigten richten und nur in Ausnahmefällen gegenüber Dritten direkt durchgesetzt werden können.