Unabhängig davon, ob man Mieter und Vermieter ist, stellt die Kündigung von Mietverhältnissen, die dem Teil- oder Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) unterliegen, eine heikle Thematik dar. Bei diesen „kündigungsgeschützten“ Mietverhältnissen ist eine Kündigung nämlich nur aus besonderen Gründen zulässig. Mit einem dieser Gründe, der kurz als „unleidliches Verhalten“ bezeichnet wird, hatte sich jüngst auch der Oberste Gerichtshof (OGH) in zwei Entscheidungen zu befassen.
Unter dem etwas altmodischen Begriff des „unleidliches Verhaltens“ versteht man ein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten des Mieters oder der ihm zurechenbaren Personen, das den Mitbewohnern das Zusammenleben verleidet, das heißt unzumutbar macht. Dabei wird der Begriff der „Mitbewohner“, also der gestörten Personen, häufig sehr weit ausgelegt und erfasst alle das Haus regelmäßig frequentierenden Personen. Zudem kann auch ein einmaliger Vorfall – wenn er besonders schwerwiegend ist – ausreichen, um den Kündigungsgrund zu verwirklichen.
In der Steiermark war der Mieter eines Mehrparteienhauses besonders lärmempfindlich, was letztlich dazu führte, dass nicht die „lärmerregenden“ anderen Mieterinnen, sondern vielmehr er selbst gekündigt wurde. Innerhalb von drei Jahren zeigte der gekündigte Mieter insgesamt 499 Lärmstörungen bei der Polizei und der Bezirkshauptmannschaft an. Bis auf zwei Anzeigen wurden alle Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die angezeigten Mieterinnen wurden aber durch das Verhalten des gekündigten Mieters erheblich belästigt. Darüber hinaus sind ihnen Kosten für Rechtsschutzversicherung und anwaltliche Vertretung entstanden.
Der OGH (7 Ob 144/15z) gelangte zu dem Ergebnis, dass es allein darauf ankommt, ob das objektiv in Erscheinung tretende Verhalten des gekündigten Mieters als grob ungehörig und das Zusammenleben verleidend angesehen werden muss. Dass der Mieter aufgrund seiner Lärmempfindlichkeit subjektiv der Ansicht ist, nicht er, sondern die anderen Mieterinnen würden das Zusammenleben verleiden, hilft ihm nicht. Eine Verhaltensänderung nach erfolgter Kündigung – der Mieter hatte zwischenzeitlich keine weiteren Anzeigen erstattet – kann die Kündigung zudem nur dann abwenden, wenn die Wiederholung des bisherigen Verhaltens auszuschließen ist. Das war hier nicht der Fall. Die Kündigung war deshalb berechtigt.
Besser erging es einer Mieterin in Wien: Während sie auf Urlaub war, trat die Hausverwaltung an den bei ihr wohnenden Lebensgefährten, der nicht selbst Mieter war, heran. Er wurde ersucht, die an der Außenseite des Hauses angebrachten Blumentöpfe zu entfernen, um einem Herabfallen auf den darunter befindlichen Kinderspielplatz vorzubeugen. Der Lebensgefährte reagierte grundlos aggressiv, wobei sein Verhalten allenfalls sogar den Straftatbestand der Nötigung verwirklichte. Die gekündigte Mieterin stützte sich darauf, dass ihr Lebensgefährte bisher noch nie ein derartiges Verhalten gesetzt habe.
Der OGH (3 Ob 236/15z) schenkte dieser Darstellung Glauben und gelangte auf dieser Basis zu dem Ergebnis, dass es der Mieterin nicht möglich gewesen war, Abhilfe gegen das Verhalten ihres Lebensgefährten zu verschaffen. Sie hatte nämlich mit einem derartigen Verhalten nicht rechnen können. Es gab auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mieterin das Verhalten ihres Lebensgefährten toleriere oder bagatellisiere und deshalb nicht auf ihn einwirke, um in Zukunft derartige Aggressionsausbrüche zu verhindern. Die Kündigung war deshalb nicht berechtigt.
Zusammengefasst ergibt sich aus diesen Entscheidungen, dass die Frage, ob ein „unleidliches Verhalten“ vorliegt, nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Für das Verhalten Dritter hat man als Mieter nur dann einzustehen, wenn man auch die Möglichkeit hat, auf diese Personen Einfluss zu nehmen.