Der OGH bestätigte in einer jüngst ergangenen Entscheidung (8 Ob 110/15g, 25.11.2015) die teilweise Haftung einer Hundehalterin für einen durch ihren angeleinten Hund verursachten Schaden und erklärte sie damit (mit)verantwortlich für den Sturz einer vorbeifahrenden Inlineskaterin, weil sie ihren Hund am Radweg zu locker an der Leine hielt.
Die Hundehalterin und Beklagte in dem Verfahren stand am Rand eines ca. 3m breiten Radweges im Grünen in ihren Inlineskates und unterhielt sich mit einem Bekannten. Ihr angeleinter Hund lag zwischen ihr und ihrem Bekannten am Boden. Die Leine war dabei ca. 1,80 m lang und ließ dem Hund daher ein wenig Spielraum. Die Klägerin war selbst mit Inlineskates unterwegs und hatte ebenso ihren Hund bei sich. Auch sie hielt ihren Hund an der Leine.
Sie konnte die beklagte Hundehalterin und ihren am Boden liegenden Hund bereits aus einiger Entfernung sehen und beschleunigte daraufhin, um die beklagte Hundehalterin und ihren liegenden Hund schneller passieren zu können. Die beklagte Hundehalterin wiederum stand mit dem Rücken zum Radweg und nahm daher auch niemanden war.
Als die Klägerin auf Höhe der Beklagten ankam, sprang der am Boden liegende Hund auf. Die Beklagte reagierte sofort und kürzte die Leine, ihr Bekannter griff reflexartig zum Halsband des Hundes um diesen zurück halten zu können, doch war der Hund schneller und erreichte den Radweg. Der Hund der Klägerin, offenbar verwundert über das Verhalten seines Artgenossen, sprang zur Seite und verursachte dabei einen nicht unerheblichen Zug an seiner Leine, welcher die Klägerin das Gleichgewicht verlieren und stürzen ließ. Sie verletzte sich schwer. Die Klägerin forderte nun den Ersatz ihres Schadens und berücksichtigte dabei bereits, dass sie zu einem Drittel selbst die Schuld an ihrem Sturz trägt.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte, dass die Beklagte durchaus eine Haftung für den Schaden aus dem Sturz der Klägerin zu übernehmen hat. Denn derjenige, der ein Tier hält, ist immer dann für einen vom Tier verursachten Schaden verantwortlich, wenn er nicht beweisen kann, dass er alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um das Tier ausreichend zu verwahren bzw. zu beaufsichtigen. Was unter „erforderliche Maßnahmen“ zu verstehen ist, ist dabei eine Frage des Einzelfalls und von den jeweiligen Eigenschaften des Tieres (aggressiv/milde, jung/alt, verspielt/ruhig) und den Gesamtumständen abhängig.
Am Rand eines Radweges ist nach Ansicht des OGH zudem mit erhöhter Vorsicht und somit verstärkter Beaufsichtigung vorzugehen, da auch immer mit anderen Tieren und sonstigen Einflüssen auf das eigene Tier zu rechnen ist. Das Einhalten der „erforderlichen Maßnahmen“, auch der erhöhten Vorsicht, die es braucht um einen ca. 35 kg schweren weißen Schäferhund zu kontrollieren, konnten von der Beklagte aber nicht bewiesen werden.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte aber auch das Mitverschulden der Klägerin an dem Unfall. Dies nicht nur in Höhe eines Drittels, wie von der Klägerin in ihrer Klage selbst angenommen, sondern erhöhte dieses auf insgesamt zwei Drittel. Das begründete er damit, dass die Klägerin zum einen durch die Beschleunigung die Gefahrensituation nicht unwesentlich erhöhte. Außerdem war die Klägerin selbst auf Inlineskates und damit sehr instabil unterwegs. Auch der Klägerin war es aus diesem Grund offenbar nicht möglich ihren eigenen, ca. 35 kg schweren Berner-Sennenhund ausreichend zu beaufsichtigen oder zumindest eine - objektiv betrachtet - ausreichende Kontrolle dem Gericht zu beweisen.